In letzter Zeit bekomme ich immer wieder Mails, die wissen wollen, was resistente Stärke ist bzw. ob es sein kann, dass man auf resistente Stärke Blähungen bekommen kann.
Was ist resistente Stärke?
Stärke kennen wir. Wir verwenden sie als Pulver zum Binden von Soßen oder kennen sie als ominösen Bestandteil von Nudeln, Kartoffeln oder Reis, der uns angeblich dick macht. Die Stärke ist es, die z.B. Risotto so schön cremig macht. Warum? Das klären wir gleich.
Stärke (lat. Amylum) besteht aus zwei Glukoseketten, also zwei Polysacchariden. Sie heißen Amylose und Amylopektin und sind jeweils aus ca. 50.000 Zuckern zusammengesetzt. Die Amylose macht etwa 10 bis 30 Prozent der natürlich vorkommenden Stärke aus, das Amylopektin 70 bis 90 Prozent. Versetzt man Stärke mit Wasser und erwärmt sie, so quillt sie auf und vervielfacht ihr Volumen (mit lustigen Effekten…). Die Stärke verkleistert dabei, wird also klebrig. Solche Vorgänge helfen dabei, dass z.B. Soßen abbinden und schön cremig werden.
Unsere Bauchspeicheldrüse produziert stärkeabbauende Enzyme, die Amylasen. D.h. Stärke wird großteils im Dünndarm in einzelne Zucker (Glukose) abgebaut und diese Zucker werden dann in den Körper aufgenommen. Sie sind ein wichtiger Energielieferant in unserer Ernährung. Und ja, viel Stärke heißt also viel Glukose und somit wissen wir, warum Stärke als Dickmacher verschrien ist.
Nun kann Stärke aber auch resistent sein, also nicht abgebaut werden. Also nicht zu Glukose werden und somit kein Dickmacher sein. Nicht abgebaute Stärke, die unverdaut im Dickdarm ankommt, nennt man „resistente Stärke“.
Drei Arten von Resistenz
Doch resistent ist nicht gleich resistent. Es gibt drei Arten resistenter Stärke. Zur ersten Art gehört Stärke, die in Zellen unserer Nahrung eingeschlossen ist, wodurch sie für die Verdauungsenzyme nur schwer bis gar nicht zugänglich ist. Wir finden das z.B. in ganzen Getreidekörnern oder anderen Samen. Um sie verdauen zu können, müssten wir diese Körner gut zerkauen und so mechanisch aufschließen.
Die zweite Art hat eine Form, deren molekulare Struktur es für die Enzyme unmöglich macht, sie zu spalten. Diese Art findet man meist in rohem Essen wie rohen oder noch grünen Bananen, aber auch in einigen Hülsenfrüchten. Diese Stärkemoleküle kann man durch Erhitzen aber verdaulich machen. Das heißt eine gekochte Kartoffel hat gleich viel Stärke wie eine rohe, aber wir können sie als Energieträger verwerten. Und sie schmeckt besser…
Die dritte nennt man retrogradierte Stärke. Und das ist die Art, um die es meistens geht, wenn man von resistenter Stärke liest. Sie entsteht beim langsamen (!) Abkühlen erhitzter, stärkehaltiger Lebensmittel. Langsam heißt über mehrere Stunden. Kühlt die gebundene Soße oder der gekochte Reis also wieder ab, so lagert sich ein Teil der Stärkemoleküle um. Es bilden sich kristalline Bereiche. Diese Bereiche bzw. die so entstandenen Stärkemoleküle können von den Enzymen im Darm nicht gespalten werden. Stärke ist also plötzlich kein Dickmacher mehr.
Resistenz rückgängig machen
Aber Achtung: erhitzt man die kalten Speisen wieder, dann bleibt die oben erwähnte resistente Amylose resistent. Resistentes Amylopektin verliert seine Resistenz jedoch wieder ab ca. 50°C. Und wir erinnern uns, diese Art macht den Großteil der Stärke in unserer Nahrung aus. Sie ist also leider wieder ein Dickmacher.
Warum ist das nun aber alles relevant?
Die resistente Stärke gelangt also über unsere Nahrung als Ballaststoff in den Dickdarm. Und nun beginnt etwas, das wir von vielen Intoleranzen kennen. Die Stärke wirkt hier als Nahrung für Dickdarmbakterien. Das ist ein erster positiver Effekt, denn u.a. dadurch halten wir unser Darmmikrobiom im Gleichgewicht. Wir füttern damit unsere guten Darmbakterien. Die aus der Verdauung der Bakterien gewonnenen Fettsäuren dienen als Energiequelle für die Darmzellen. Manchmal liest man, dass diese auch vor Darmkrebs schützen. Das ist eine schöne Hypothese, die aber nicht belegbar ist. Die Bakterien erzeugen aber auch Gase… also können sie Blähungen verursachen. Das ist normal und kein Symptom einer Intoleranz. In der Karenzphase sollte man jedoch darauf achten und bei sehr empfindlichen Personen eher auf erkaltete Speisen verzichten. Der Effekt ist aber sehr gering und wenn, dann nur in den ersten paar Tagen relevant, denn wie gesagt: für eine gesunde Darmflora wäre ein Füttern mit resistenter Stärke durchaus sinnvoll.
Ein dritter positiver Effekt ist, dass die Stärke nicht nur das Stuhlvolumen erhöht, weil sie eben Wasser bindet, sondern als resistente Stärke auch den Blutzuckeranstieg nach einer Mahlzeit verringern kann. All das trägt dazu bei leichter abzunehmen (wenn man das will).
Zusammenfassung
Es gibt drei Unterarten der resistenten Stärke:
- Resistente Stärke vom Typ 1. Stärke, die in intakten Zellen eingeschlossen ist. Wenn diese z.B. durch Kauen zerstört werden, kann die Stärke durch die Verdauungsenzyme wie gewohnt abgebaut werden.
- Resistente Stärke vom Typ 2. Stärke, die aufgrund ihrer molekularen Struktur für die Verdauungsenzyme unzugänglich ist. Wird sie erhitzt, ändert sich ihre Struktur. Sie kann dann von den Enzymen für die Verdauung verwertet werden.
- Resistente Stärke vom Typ 3. Retrogradierte Stärke entsteht nach dem Erhitzen und darauf folgenden langsamen Abkühlen von Speisen. Es bildet sich eine Kristallstruktur, die für die Verdauungsenzyme unzugänglich ist. Aber nur, so lange man das Essen nicht wieder über 50°C erhitzt.
Diese dritte Version ist es, von der wir derzeit immer wieder hören. Sie ist gut für den Darm, weil sie Futter für die Darmbakterien ist. Und ja, sie kann blähen, aber das hält sich im Rahmen, da sie nur etwa 3 Prozent unserer Nahrung ausmacht.