Transportproteine im Darm
GLUT und SGLT sind Transportproteine (Carrierproteine), die bestimmte Stoffe durch Zellwände transportieren. GLUT ist die Abkürzung von Glucose-Transporter, SGLT die Abkürzung vom englischen Begriff „sodium-glucose linked transporter“, also sozusagen „Natrium abhängiger Glukosetransporter“. Die Physiologie und die genauen Funktionen und Aufgaben der Transportproteine sind noch nicht vollständig untersucht, d.h. durch welche Mechanismen die verschiedenen Zuckerarten in den Körper aufgenommen werden, ist nicht vollständig geklärt. Es gibt diesbezüglich heiße Debatten unter Experten. Im Folgenden ist der aktuelle Stand zusammengefasst, allerdings nur bezüglich der Relevanz für die intestinale Fruktoseintoleranz.
Aufnahme von Zuckern aus dem Speisebrei
Eine Zellwand stellt eine Barriere dar, durch die Fremdstoffe am Eindringen in die Zelle verhindert werden sollen. Da der Körper aber Stoffe aufnehmen bzw. über die Zellen auch wieder abgeben können muss, gibt es verschiedene Mechanismen, um diese Stoffe durch die Zellwand zu transportieren. Bei den Transportproteinen ist es so, dass die aktiv oder passiv Substanzen durch die Zellwand der Bürstensaumzellen (Enterozyten) schleusen können. Hierfür sind oft weitere Faktoren notwendig. Der SGLT-1 Transporter benötigt zum Beispiel das Natrium-Ion Na+. Dieses Natrium-Ion bindet sich an den Transporter, dadurch ändert er seine Form und erst dann kann die Glukose (zusammen mit dem Natrium) durch die Zellwand transportiert werden. Das Natrium ist sozusagen ein Schlüssel, der diese Türe für die Glukose aufsperrt.
Transportproteine sind keine fixen Konstanten
Diese Transportproteine sind keine fixen Konstanten. Es gibt also keine fixe Anzahl an genau definierten Orten in der Dünndarmschleimhaut. Sie werden abhängig von ihrer Notwendigkeit, der Tageszeit und dem Alter produziert. Ist zum Beispiel viel Fruktose im Speisebrei, so wird das Gen SLC2A5 über einen bestimmten Signalweg aktiviert mRNA zu bilden, die dann zu GLUT-5 translatiert wird. Dadurch kann die Fruktose dann aufgenommen werden. Der Körper reagiert auf die zugeführte Nahrung, indem er die entsprechenden Absorptionsmechanismen startet. GLUT werden also unter anderem abhängig von der Zuckerkonzentration im Nahrungsbrei gebildet und transportieren die entsprechenden Zucker dann in die Dünndarmzelle und schließlich weiter ins Blut. Sie sind nicht fix in der Zellwand verankert, sondern können translozieren, d.h. ihre Position ändern.
Text-Erläuterungen: mRNA ist die Abkürzung für Messenger-RNA. Das ist die Kopie eines bestimmten Genabschnittes, die im Zellkern erstellt wird und aus der dann, über verschiedene Vorgänge, ein Protein erzeugt werden kann.
Wir oben beschrieben ist die Anzahl der GLUT-5 Transporter auch von der Fruktosekonzentration im Nahrungsbrei abhängig (3). GLUT-5 nimmt die Fruktose aus dem Nahrungsbrei auf und bringt sie in die Dünndarmzelle hinein. Von hier aus gelangt die Fruktose über GLUT-2 Transporter in die Blutbahn. GLUT-5 wird aber nicht nur in Abhängigkeit von Fruktose im Speisebrei gebildet, sondern unterliegt auch einem circadianen Rhythmus (2). Bei Ratten zum Beispiel wird GLUT-5 am Ende des Tages deutlich mehr produziert, als am Beginn des Tages (1) und so besteht die Möglichkeit, dass die Tageszeit auch beim Menschen eine Rolle spielt. GLUT-7 kann ebenfalls Fruktose aus der Nahrung aufnehmen (5), scheint aber eine untergeordnete Rolle bei der Aufnahme von Fruktose zu spielen. GLUT-2 transportiert sehr effektiv Glukose, aber auch Fructose, Mannose oder Galaktose. Dieser Transporter kommt vor allem in Leberzellen vor, aber auch in vielen anderen Organen, wie zum Beispiel dem Dünndarm. Hier ist es vor allem für den Transport von Glukose und Fructose aus der Dünndarmzelle hinaus in die Blutbahn verantwortlich. SGLT-1 transportiert zwar Glukose, aber keine Fruktose.
Warum hilft Glucose bei der Fructoseaufnahme?
Wenn sehr viel Glukose über die Nahrung aufgenommen wird, können GLUT-2 Transporter an die dünndarmseitige Zellwand wandern (translozieren) oder auch direkt an dieser Seite der Zelle neu gebildet werden. Da diese GLUT-2 Transporter auch Fruktose aufnehmen können, entlasten sie somit die GLUT-5 Transporter und helfen dabei, die Fruktose aus dem Darm aufzunehmen.
Wie entsteht die Fruktoseintoleranz?
Nun stellt sich die wichtige Frage, welcher Mechanismus bei der Fruktoseintoleranz gestört ist. Was ist der Grund für die intestinale Fruktoseintoleranz? Funktionieren die GLUT-5 Transporter nicht richtig? Gibt es zu wenige dieser Transporter? Funktioniert die Signalübertragung nicht und wird daher zu wenig mRNA und folglich zu wenige Transporter gebildet? Oder wird die Fruktoseaufnahme anders gestört?
Wir kennen die Antwort (noch) nicht! Alles ist möglich. Ebenso ist möglich, dass es unterschiedliche Probleme gibt die in Summe das klinische Bild der intestinalen Fruktoseintoleranz hervorrufen. Vielleicht gibt es also 2 oder 3 Gründe, vielleicht ist auch ein bisher unbekannter Mechanismus Schuld an der Malabsorption der Fruktose. Hier ist in den kommenden Jahren noch viel Forschungsarbeit notwendig.
Sorbit (E420) blockiert GLUT-5?
Immer wieder liest man, dass Sorbit GLUT-5 blockiert und deshalb bei intestinaler Fruktoseintoleranz vermieden werden sollte. Die Erfahrung zeigt, dass Sorbit (und andere Zuckeralkohole) tatsächlich einen negativen Einfluss auf die Fruktoseintoleranz bzw. die Fructoseaufnahme hat. Wissenschaftliche Beweise, vor allem für den dahinter stehenden Mechanismus, fehlen aber bisher. Trotzdem sollten diese Zuckeralkohole vermieden werden.
Was wir heute wissen
Grundlagen des „Traubenzuckertricks“
Wir wissen auf Grund der oben beschriebenen Vorgänge, dass Traubenzucker (Glukose) dabei behilflich ist, Fruktose aufzunehmen:
- Zum einen wandern durch hohe Glukosekonzentrationen im Darm GLUT-2 Transporter an die lumenseitige (apikale) Wand und, da sie auch Fruktose transportieren, erhöhen sie so die Fruktoseaufnahme aus dem Darm.
- Andererseits hat Traubenzucker möglicherweise einen positiven Effekt auf die Bildung von GLUT-5
- Die Fruktoseaufnahme stimuliert die Bildung von GLUT-5. Das heißt, dass ein völliger Verzicht auf Fruktose die Fruktoseintoleranz verschlechtern würde, da dem Körper der Grund zur Bildung von GLUT-5 fehlt.
- Sorbit sollte vermieden werden, da es im Verdacht steht die Fruktoseaufnahme zu hemmen, in dem es den GLUT-5 Transporter hemmt. Wie genau dieser Mechanismus funktioniert, ist nicht geklärt, die Erfahrung zeigt aber, dass es Zusammenhänge gibt.
- Fruktose wird von vielen Patienten besser am Nachmittag vertragen, das könnte mit dem circadianen Rhythmus der GLUT-5 Expression zusammenhängen.
- Fettreiche Nahrung verbessert die Fruktoseaufnahme, weil sie den Darm verlangsamt. Somit hat der Speisebrei eine längere Verweilzeit im Darm. Die wenigen Transporter können so länger arbeiten udn damit mehr Fruktose aufnehmen.
Quellen
(1) Castello A, Guma A, Sevilla L, Furriols M, Testar X, Palacin M, Zorzano A. Regulation of GLUT5 gene expression in rat intestinal mucosa: regional distribution, circadian rhythm, perinatal development and effect of diabetes. Biochem J 1995; 309 (Pt 1): 271-277 63
(2) Corpe, C.P., Burant, C.F., 1996. Hexose transporter expression in rat small intestine: effect of diet on diurnal variations. Am. J. Physiol. 271, G211–G216.
(3) Jiang, L., David, E.S., Espina, N., Ferraris, R.P., 2001. GLUT-5 expression in neonatal rats: crypt–villus location and age-dependent regulation. Am. J. Physiol. Gastrointest. Liver Physiol. 281 (3), G666–G674.
(4) Wright EM, Martin MG, Turk E. Intestinal absorption in health and disease–sugars. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2003; 17: 943-956
(5) Li Q, Manolescu A, Ritzel M, Yao S, Slugoski M, Young JD, Chen XZ, Cheeseman CI. Cloning and functional characterization of the human GLUT7 isoform SLC2A7 from the small intestine. Am J Physiol Gastrointest Liver Physiol 2004; 287: G236-G242
(6) Drozdowski Laurie, Thomson Alan. Intestinal sugar transport. World J Gastroenterol 2006 March 21; 12(11):1657-1670
(7) Mueckler Mike, Thorens Bernard. The SLC2 (GLUT) family of membrane transporters. Molecular Aspects of Medicine 34 (2013) 121-138