Das Problem mit Gluten
Die Zöliakie heißt auch glutensensitive oder gluteninduzierte Enteropathie und wurde bei Erwachsenen früher als Sprue bezeichnet. Heute wird die Zöliakie vermehrt auch erst bei Erwachsenen diagnostiziert und gilt nicht mehr als Krankheit, die schon im Kindesalter entdeckt wird. Auch die Symptomatik hat sich geändert, so werden heute Symptome wie zum Beispiel Abgeschlagenheit und Müdigkeit (Fatiquesymtomatik) der Zöliakie zugeschrieben. Die Zöliakie ist eine seltene und sehr komplexe Erkrankung und tritt bei etwa 0,3% bis 1% der Bevölkerung auf. Das Problem bei Zöliakie ist das Gluten in verschiedenen Getreiden, welches den Darm schädigt.
Genetische Faktoren
Wenn in der eigenen Familie Zöliakie auftritt, so erhöht sich das Risiko an ihr zu erkranken. Welche Gene hier genau eine Rolle spielen, ist noch nicht gänzlich geklärt. Fest steht, dass einige Faktoren des sogenannten HLA-Systems wichtig sind. HLA steht für humane Leukozytenantigen-System. Das HLA-System ist eine Gruppe von Genen auf dem 6. menschlichen Chromosom und ist für die Immunabwehr wichtig. Bei mehr als 95% der Zöliakie-Patienten findet man eine bestimmte Konstellation des HLA-Systems. Dies sind HLA DQ2 und HLA DQ8. Diese Konstellation ist notwendig, damit sich die Zöliakie entwickeln kann, allerdings ist sie nicht allein verantwortlich. Das heißt, dass auch gesunde Menschen diese Konstellation in sich tragen können (etwa 20-25% aller Menschen), aber eben keine Zöliakie entwickeln.
Äußere – nicht genetische – Faktoren der Zöliakie
Inwieweit äußere Faktoren wie Ernährung, Viren, Lebensstil, usw. eine Rolle spielen, ist noch nicht bekannt. Fest steht, dass die wachsenden Mengen an Gluten in unserer Ernährung ein wichtiger Auslöser für Probleme mit Gluten zu sein scheinen.
Bei der Zöliakie ist eine absolut glutenfreie (nicht eine glutenarme!) Ernährung zwingend. Nur dann kann sich Dünndarmschleimhaut wieder erholen. Üblicherweise bessert sich der Allgemeinzustand bereits nach wenigen Tagen. Nach einigen Monaten werden meistens auch die Blutwerte wieder normal.
Bereits 0,25g Weizen schädigen den Dünndarm und können zu Beschwerden führen. (1)
Symptome der Zöliakie
Die klassischen Symptome sind chronische Durchfälle, zum Teil mit massigen und durch die gestörte Fettverdauung auch fettglänzenden, klebrigen Stühlen; Aber auch Muskel- und Gelenkschmerzen, Blähungen, Vitamin- und Mineralsalzmangel, Blutarmut, Müdigkeit, Leistungsminderung, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und Erbrechen. Bei einigen Patienten treten juckende Bläschen auf der Haut auf.
Bei Kindern kommt es häufig zu Wachstums- und Gedeihstörungen.
Als weitere Folge der unbehandelten (!) Zöliakie können auch Unfruchtbarkeit, Potenzstörungen, Schizophrenie oder Aphthen auftreten. Das passiert jedoch sehr selten!
Diagnose der Zöliakie
Diagnostiziert wird diese Erkrankung zuerst durch einen Bluttest beim Arzt. Dieser bestimmt u.a. spezifische Antikörper. Eine exakte Diagnose kann bei positivem Bluttest aber nur mittels Biopsie der Darmschleimhaut erstellt werden. Diese ist schmerzfrei und wird meistens ambulant durchgeführt.
Von Selbstdiagnosen oder Heimtests die im Internet bestellt werden können wird auch hier dringend abgeraten!
Du solltest vor deinem Arztbesuch auf keinen Fall beginnen dich glutenfrei zu ernähren! Dies beeinflusst die Messwerte und macht eine Diagnose unmöglich!
Klinische Formen der Zöliakie
Es gibt verschiedene klinische Formen der gluteninduzierten Enteropathie, die hier nur kurz umrissen werden sollen:
Typische, symptomatische Zöliakie
Diese Form entwickelt sich meistens nur wenige Monate nach dem Abstillen. Symptome sind Wachstumsstörungen, Durchfälle, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Blähbauch.
Atypische Zöliakie
Diese Form tritt in den ersten Lebensjahren auf, oft im Volksschulalter. Symptome sind Anämie (durch Eisenmangel), Bauchschmerzen, Wachstumsstörungen oder auch Dermatitis Herpetiformis Duhring (eine Erkrankung der Haut mit Bläschen, Rötungen, Ekzemen, Quaddeln und starkem, brennendem Juckreiz).
Silente (versteckte, stumme) Zöliakie
Die silente Zöliakie wird fast immer zufällig entdeckt, da die Patienten eigentlich keine Symptome aufweisen. In serologischen Untersuchungen wird diese Form zufällig diagnostiziert. Nach Beginn einer glutenfreien Ernährung zeigt sich dann aber doch eine deutliche Besserung des Allgemeinzustandes, insbesondere der körperlichen und der geistigen Leistungsfähigkeit, d.h. die Symptome sind eingentlich „versteckt“ gewesen und wurden vom Patienten nicht als Symptome wahrgenommen.
Latente Zöliakie
Die latente Zöliakie besteht dann, wenn im Bluttest Zöliakie festgestellt wurde, aber die Dünndarmbiopsie kein Ergebnis liefert. Bei Patienten mit latenter Zöliakie, können sich durch den Verzehr von Gluten Schäden im Dünndarm bilden. Aber durch eine glutenfreie Ernährung, können sich diese Schäden wieder zurückbilden.
Zöliakie und andere Krankheiten
Als Autoimmunerkrankung ist die gluteninduzierte Enteropathie mit anderen Erkrankungen, bei denen sich das Immunsystem gegen körpereigene Gewebe richtet, vergesellschaftet. Die häufigste Begleiterkrankung einer Zöliakie ist die „Dermatitis herpetiformis Duhring„, eine Hautkrankheit bei der der Körper Antikörper gegen Strukturen in der Haut bildet. Diese tritt bei ca 10%4) der erwachsenen Zöliakiepatienten auf. Ebenfalls recht häufig mit 3%4) sind Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis) und Diabetes mellitus mit 4%4). Hier werden Antikörper gegen insulinproduzierende Zellen der Bauchspeicheldrüse gebildet.
Unterschied zur Glutenintoleranz
Die Unterscheidung zur Glutenunverträglichkeit (Glutenintoleranz) liegt darin, dass die Intoleranz eine symptomschwache Form, bei der ein striktes Meiden von Gluten nicht notwendig ist, darstellt. Außerdem kann die Unverträglichkeit als Folgeerscheinung auftreten und ist oft auch wieder reversiebel. Bei der Glutenintoleranz reagiert der Körper auf mehr Getreideeiweisse, als bei der Zöliakie.
Quellen u.a.:
1) Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.
2) IG Zöliakie der deutschen Schweiz
3) Dr. Schär Institut
4) Vogelsang,H.; Edlinger, E.; Terler, E.; „Zöliakie – Erkrankung des Dünndarms mit hoher Dunkelziffer“, in Arzt+Patient, Oktober 2009
5) Keller, R.: Klinische Symptomatik: Zöliakie, ein Eisberg. In: Monatsschrift Kinderheilkunde 2003; 151:706-714