Glutenintoleranz oder auch Nichtzöliakie-Nichtweizenallergie-Weizensensitivität ist eine nicht-allergische Funktionsstörung, welche möglicherweise durch Gluten bedingt ist. Aber auch Adenosin-Triphosphat-Amylase (kurz ATI), ein Protein, das in modernen Weizenzüchtungen vermehrt vorkommt, steht im Verdacht für die Glutensensitivität verantwortlich zu sein. ATI wurde verstärkt in den Weizen gezüchtet, um den Weizen resistenter gegen verschiedene Schädlinge zu machen. Auch andere Stoffe, die im Weizen vorkommen, könnten verantwortlich sein. Hierzu gehören Lektine und die sogenannten FODMAPs, das sind fermentierbare Oligo-, Di- und Monosaccharide sowie Polyole. Der wahre Auslöser der Weizensensitivität ist noch nicht geklärt, es scheint aber so zu sein, dass diese Sensitivität nur gegen bestimmte Bestandteile in Weizensorten gerichtet ist, nicht gegen andere Getreide. Damit wäre es eher eine Weizensensitivität.
Die Glutenintoleranz äußert sich in ihren Symptomen ähnlich wie die Zöliakie. Sie tritt nicht schon im Kindesalter auf, sondern kann sich erst später entwickeln. Sie kann reversiebel sein, d.h. sie kann sich – je nach Ursache – bei strikter gluten- bzw. weizenfreier Diät (meist 1 bis 2 Jahre) wieder zurück bilden.
Das klinische Bild einer Glutenintoleranz ist meistens weniger schwer als bei Zöliakie. Außerdem sind keine Autoantikörper, keine Anti-Gewebetransglutaminasen und keine Autoimmun-Komorbiditäten nachzuweisen 2). Die Darmzotten (welche man über eine Biopsie untersuchen kann), weisen keine Schädigungen auf.
Was ist Gluten?
Gluten ist genau genommen kein wissenschaftlich korrekter Begriff, es ist eher ein Sammelbegriff für verschiedene Bestandteile der Weizenkleber-Eiweiße. Seit 1907 untersucht man die Eiweiße der Getreidesorten und hat seit damals eine Einteilung in Prolamine und Gluteline. Diese Gruppen teilen sich wiederum auf und es existieren sogar noch Untergruppen dieser Untergruppen. Das Ganze ist also ziemlich kompliziert.
Gluten wird also als Sammelbegriff für Prolamine und Gluteline verschiedener Getreidesorten verwendet. Im Weizen gehören zu diesen Gruppen das Gliadin (ein Prolamin) und das Glutenin (ein Glutelin).
Die Prolamine werden hauptsächlich für Zöliakie verantwortlich gemacht, wobei man heute auch davon ausgeht, dass die Gluteline auch problematisch sein können und daher vermieden werden sollten.
Am nmi-Portal ist daher immer von „Gluten“ die Rede, ohne dies in seine Bestandteile auf zu spalten.
Symptome der Glutensensitivität
Die Symptome sind ähnlich denen der Zöliakie und betreffen vor allem den Magen-Darm-Trakt, aber auch Haut und andere Organe.
Typische Symptome der Glutenintoleranz sind:
- Bauchschmerzen
- Hautekzeme, Ausschläge
- Übelkeit, Erbrechen
- Blähungen, Blähbauch
- Durchfall, auch Verstopfung
- Kopfschmerzen
- Konzentrationsprobleme, Verwirrung, Müdigkeit
- …
Diagnose der Glutenintoleranz
Über diese erst seit kurzem bekannte Nahrungsmittelunverträglichkeit ist noch wenig bekannt. Die Diagnose erfolgt nach dem Ausschlussverfahren. Zuerst werden Zöliakie, Weizenallergie, andere Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittel-Intoleranzen (z.B. Laktoseintoleranz) ausgeschlossen. Dies erfolgt mittels Bluttest, Allergietest, Biopsie, um die Zöliakie auszuschließen, sowie mittels H2-Atemtests um andere Nahrungsmittel-Intoleranzen auszuschließen. Dann folgt eine strikt glutenfreie/weizenfreie Eliminationsdiät. Tritt hier nach wenigen Tagen eine deutliche Besserung der Symptome ein, kann man von einer Glutenintoleranz oder Gluten-Sensitivität / Weizensensitivität ausgehen.
Wer sicher gehen will, kann dann einen Belastungstest (unter ärztlicher Aufsicht!) mit stark glutenhältigen Nahrungsmitteln machen. Dies ist aber in den meisten Fällen nicht notwendig!
Behandlung der Glutenintoleranz
Derzeit gibt es nur eine Möglichkeit der Behandlung: glutenfrei/weizenfrei Essen, bzw. sich glutenfrei/weizenfrei ernähren. Die Symptome verbessern sich üblicherweise schon nach wenigen Tagen der Weizen-Karenz und im Gegensatz zur Zöliakie muss man, nach heutigem Wissensstand, die Diät nicht so strikt einhalten. Das heißt nach der Karenzzeit können Spuren von Gluten/Weizen meist problemlos gegessen werden. Wo Zöliakiepatienten wirklich sehr genau und ein Leben lang auf Spuren von Gluten achten müssen, vertragen weizensensitive Personen kleinste Mengen Gluten/Weizen (individuell unterschiedlich) meist recht gut. Auch die Sortenwahl ist relevant, da unterschiedliche Kulturweizen und alte Sorten unterschiedliche Gehalte an den möglicherweise auslösenden Stoffen ATI und Gluten beinhalten. Das ist derzeit Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und ist daher noch etwas spekulativ.
Derzeit empfiehlt man aber, strikt glutenfrei/weizenfrei zu essen, da man annimmt, dass sich die Glutenintoleranz nach 1-2 Jahren strikt gluten/weizenfreier Ernährung wieder zurück bilden kann. Eine ärztliche Kontrolle nach dieser Zeit ist also sinnvoll.
Quellen u.a.
1) Vogelreuter, A. „Nahrungsmittelunverträglichkeiten“, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2012
2) Dr. Schär Institut
3) Felber, J.; Aust, D.; Baas, S.; Bischoff, S.; Bläker, H.; Daum, S. et al. (2014): Ergebnisse einer S2k-Konsensuskonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS) gemeinsam mit der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft (DZG) zur Zöliakie, Weizenallergie und Weizensensitivität. In: Zeitschrift für Gastroenterologie 52 (7), S. 711–743. DOI: 10.1055/s-0034-1366687.
4) Stryer, L., Biochemie, Specktrum Akademischer Verlag, 4. Auflage
5) Beliz, H.D., Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer Verlag, 2001